Frankreich
ALLGEMEIN:
Frankreich ist unbestritten das Königreich der Weine. Trotz der stetig wachsenden Konkurrenz großartiger Weine anderer Anbauländer. Das Land, das mehr feinen Wein (und Weinbrand) hervorbringt als irgendein anderes auf der Erde. Wein bildet hier so sehr einen festen Bestandteil der Kultur, dass die französischen Weinliebhaber (allerdings auch andere aus allen Ländern der Welt) eine schon fast spirituell zu nennende Beziehung zu diesem Getränk haben. Es gibt wohl nur wenige Weinerzeuger auf der Welt, die nicht zugeben, von den großen französischen Weinen beeinflusst worden zu sein. Denken wir an das traditionelle Burgund, an die Champagne mit den edelsten Schaumweinen oder an das Bordeaux, das größte zusammenhängende Gebiet für Qualitätsweine. Denken wir an Trauben wie Chardonnay, Pinot Noir, Cabernet Sauvignon oder Merlot, die hier ihren Ursprung haben und mittlerweile ihren Siegeszug in weltweite Regionen starteten. Nicht zu vergessen das Loire- und Rhônetal, mit Klassikern wie Sancerre, Côte Rôtie oder Châteauneuf-du-Pape, an die Provence oder an das Languedoc-Roussillon mit stetig wachsenden Qualitätsweinen und natürlich an wieder auflebende Regionen in Südwestfrankreich, mit ihren kraftvollen Weinen aus Madiran oder Cahors. Frankreich ist ein großes Land und seine Weinanbaugebiete sind ziemlich gleichmäßig über drei Viertel seiner Oberfläche verteilt. Man kann diese in fünf große Zonen aufteilen:
- der Westen: Loire, Cognac
- der Südwesten: Bordeaux, Armagnac, Sud-Ouest (Bergerac, Cahors, Gaillac, Madiran, Jurançon)
- der Nordosten: Champagne, Elsass
- der Osten: Burgund, Jura, Savoyen
- der Südosten: Rhône, Provence, Languedoc-Roussillon, Korsika.
PRODUKTION:
Frankreich ist eine große Weinnation und hält nach wie vor eine Spitzenstellung in Bezug auf Qualität und Weinkultur. In den letzten mehr als 50 Jahren sind die Weine, Weingärten und Winzer Frankreichs immer wieder von Fachleuten, Journalisten, Händlern, Fans, Sammlern und von normalen Konsumenten geschätzt und hoch bewertet worden. Durchschnittlich werden jährlich auf 7,66 Millionen Hektar Rebfläche ca. 270 Millionen Hektoliter Wein produziert, das sind knapp 36 Milliarden Flaschen. Der Pro-Kopf-Verbrauch der Franzosen ist wie in anderen traditionellen Weinbauländern z.B. Italien und Spanien stark rückgängig (von 120 Liter jährlich in den 1960er Jahren auf heute ca. 53 Liter). Dies hängt allerdings mit tief greifenden Veränderungen in der Gesellschaftsstruktur zusammen und in den Veränderungen der Ernährungsgewohnheiten in diesen Ländern. Gleichzeitig drang die EU in den 1980er Jahren darauf die Gesamtanbaufläche in den wichtigsten Regionen zu reduzieren, um in Europa die Produktion einfachster Tafel- und Fassweine einzugrenzen. 70.000 Hektar Rebfläche wurden gerodet, überwiegend im Languedoc-Roussillon. Frankreichs Weinwirtschaft profitiert allerdings von der enorm großen internationalen Nachfrage, d.h. von einem gesunden Export.
GESCHICHTE:
Griechen und Phönizier, betrieben Weinhandel aber auch den Anbau im großen Stil in den damals eroberten Mittelmeerländern wie Süditalien, Südspanien, Nordafrika und in der Provence ab 1500 v. Ch. Später um 600 v. Chr. kamen griechische Siedler aus Phokäa (Kleinasien), gründeten die Siedlung Massalia/Massilia, das heutige Marsaille, und brachten den Weinbau mit. Für die Griechen war ein Land, in dem Feigen und Oliven gedeihen selbstverständlich auch ein Weinland. Die Gallier zogen schon vor dem Römischen Reich durch Norditalien (Lombardei) bis nach Rom und brachten auf ihrem Rückweg Weine aus Italien mit. Sie (die gallischen Allobroger) produzierten in Vienna (heutiges Vienne im Rhônetal) geharzte Weine, auf die sie sehr stolz waren und für die sie hohe Preise verlangten – der erste berühmte französische Wein kam somit vielleicht aus dem Rhônetal. Die Bewohner von Gallia Narbonensis, dem heutigen Narbonne, brachten die Weinrebe nach Béziers (Languedoc), nach Gaillac (Südwest) und später kultivierten die Römer den Weinanbau in ganz Frankreich, im Rhônetal, am Rhein, in der Champagne, an der Loire, im Burgund und in Bordeaux.
Mit dem fortschreitenden Zerfall des römischen Imperiums wurde Gallien im Norden von germanischen Eindringlingen wie Westgoten, Burgundern und Franken überrannt. Paris wurde erstmals Hauptstadt, Gallien wurde überwiegend christlich, der Einfluss der Kirchen und Klöster auf Politik und Wirtschaft nahm zu. Der Norden wurde politische Macht und der Wohlstand wuchs. Im armen Süden war Wein zu dieser Zeit Alltagsgetränk, im Norden war es Luxusartikel und Statussymbol ein Hinweis auf Wohlstand.
Später war es die Macht der Bischöfe und Klöster, die mit Weitsicht den landwirtschaftlichen Zweig Weinanbau vorantrieben. Kirchen und Klöster hatten großen Bedarf und somit Antrieb den Weinanbau zu fördern und zu verbessern. Schon im 12. Jahrhundert waren es die Zisterzienser, die im Kloster Cîteaux/ Burgund einen Weinberg ummauerten, dem heutigen Clos de Vougeot. Im Mittelalter war Wein das wichtigste Exportprodukt Frankreichs. So trinken die Engländer gern Bordeaux-Wein, weil die dortige Gegend einst der englischen Krone unterstand. Die Schotten trinken gern Bordeaux wegen der alten Allianz mit Frankreich gegen England. Die Flamen und Holländer bezogen früher viel Wein aus dem Burgund, weil Flandern und der südliche Teil der Niederlande dem Herzogtum Burgund angehörten.
Treibendes Element für den Aufstieg des französischen Weins war also ein blühender Handel, begünstigt durch natürliche Infrastrukturen. Schon die Römer benutzen die Städte Marseille und Bordeaux als Handelsplätze. Später im 17. Jahrhundert durchzogen Weinstraßen ganz Europa, die in Bordeaux, in der Champagne, im Loiretal und im Burgund ihren Anfang nahmen. Da der Transport von Weinen in Holzfässern auf holprigen Straßen langwierig und kostspielig war, profitierten besonders die Regionen an Flüssen und am Meer von ihrer günstigen Lage, wie die an Loire und Rhône, in Bordeaux oder in die Gascogne. London widmete dem Weinhandel besondere Aufmerksamkeit. Man importierte den hellroten Bordeaux, den clairet oder claret. Holland, damals eine reiche Kolonialmacht verlangte nach billigem Weißwein zum Destillieren. Es waren Holländer, die große moorige und sumpfige Überschwemmungsgebiete trockenlegten, viele der heutigen Bordeaux-Appellationen.
Es waren Verbesserungen der Winzer im Bordeaux Weinfässer durch Schwefel zu säubern, damit die Möglichkeit, Wein länger zu lagern. Sie wussten von den Römern, dass Wein mit zunehmendem Alter besser werden kann. Es folgten Schritte wie Abstechen und Schönen, die die Qualität des Weins mehr und mehr verbesserten. Französische Winzer förderten die Entwicklung der perfekten Glasflasche und des optimalen Korkverschlusses, damit der weiteren Entfaltung des Weins durch Lagerung und Reifung. Es waren auch französische Winzer, die mit einer Mischung aus Instinkt, Leidenschaft und Stolz beste Eigenschaften von Lage, Boden und Reben erkannten und förderten. Es waren keine urfranzösische Reben, denn Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot und Petit Verdot hatten höchstwahrscheinlich einen gemeinsamen Urvater aus dem Rioja-Tal, der von den Römern ins Bordeaux gebracht wurde und es war vielleicht eine Wildrebe aus den Alpenvorländern, aus der der heutige Pinot Noir selektioniert wurde.
Die mit der französischen Revolution am Ende des 18 Jahrhunderts verbundenen sozialen Umschichtungen brachten in das Schema der Weinerzeugung nur geringfügige Veränderungen, allerdings mit neuen Bedürfnissen. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war der Weinanbau in Frankreich weit stärker verbreitet als heute. Mit zunehmender Verbesserung der Verkehrswege, vor allem durch die Anlage von Eisenbahnstrecken, veränderte sich das Bild des Weinhandels sehr stark. Im 17. und 18. Jahrhundert hatte sich das Interesse am Weinanbau besonders an der Gironde schlagartig gesteigert, und um die Mitte des 19. Jahrhunderts, als die berühmte Klassifikation anlässlich der Weltausstellung in Paris aufgestellt wurde, genossen die großen Châteaus des Médoc eine Blütezeit, die bis in die 1980er Jahre nicht ihresgleichen hatte. Eine Reihe von Katastrophen bereitete diesem goldenen Zeitalter ein Ende und hatte für den Weinanbau verheerende Auswirkungen sowohl in der Quantität als auch in der Qualität. Echter Mehltau (Oidium) wurde aus Nordamerika eingeschleppt (Auswirkung des unbedingten Botanisierens) und hatte schlimme Folgen für Farbe, Güte und auch Menge. Der Jahrgang 1854 war katastrophal, der schlechteste seit 60 Jahren. Im Jahr 1852, kaum hatte man mit Hilfe des Schwefelstäubens das Problem in den Griff bekommen, begann eine winzige Reblaus ihr Werk. Zunächst in Südfrankreich, bald auch weltweit richtete sie größtes wirtschaftliches Unheil an. Die Pflanzen verkümmerten und starben ab. Durch das Aufpfropfen europäischer Reiser auf resistente amerikanische Veredelungsunterlagen importierte man wieder fremdes Pflanzenmaterial und bekam als Zugabe den Falschen Mehltau (1878), der auf Quantität und Qualität bis ins 20 Jahrhundert einwirkte, sowie Mitte der 1880er Jahre die Schwarzfäule. Das Ende des 19. Jahrhundert war geprägt durch Plagen/Krankheiten. Man suchte das Heil in der Züchtung/Anpflanzung von Hybridreben mit viel Erbmasse amerikanischer Rebpflanzen, reich an Abwehrstoffen. Gleichzeitig beauftragte man den Wissenschaftler Louis Pasteur mit entsprechenden Untersuchungen. Zusammen mit der Universität für Önologie in Bordeaux entwickelte er u.a. die berühmte Bordeaux-Brühe, ein kupferhaltiges Spritzmittel zur Bekämpfung von Pilzerkrankungen der Weinrebe. Er erforschte die Vorgänge der malolaktischen Säureumwandlung und diese Kenntnisse brachten bessere Qualität und prägte den Stil der Weine.
KLIMA:
In Frankreich entsteht großer, delikater, bekömmlicher Wein, weil hier zwischen dem 42. und 49,5 Breitengrad das allgemeine Klima ideal ist: mäßig warme Sommer und zunehmende Nachtkühle, wenn die Lesezeit naht. Die östlichen Regionen profitieren von einem kontinentalen Klima, die südlichen vom Mittelmeer und die westlichen Gebiete liegen im Einflussbereich des Golfstroms. Hohe Lichtintensität, zuverlässige Niederschläge, gute Wasservorräte im Boden, möglicher Wasserabzug, Exposition, Hangneigung zur Sonne, Frostgefährdung und geologische Bodenbeschaffenheit (der Franzose spricht vom „Terroir“), garantieren Reife, Vielfalt von Geschmacksstoffen und die Phenole, all dies führt zu einer besonderen Qualität. Frankreich besitzt mit 13.000 Reben/ha die höchste Pflanzdichte der Welt. Die Reben stehen in sauberen, niedrig gehaltenen Zeilen, oft im Guyot-System geschnitten und erzogen (gemäß der Vorschrift der AOC) und ein Rückschnitt in der Wachstumsperiode ist allgemein üblich. Bewässerung ist im Norden und Westen nicht nötig und im Süden wird diese streng kontrolliert. Im relativ feuchten Klima Westfrankreichs ist allerdings Spritzen gegen Pilzkrankheiten erforderlich.
WEINBAU:
In den 1980er und 1990er Jahren wurde mehr und mehr die Behangausdünnung eingeführt, Sortiertische und Konzentrationsverfahren eingesetzt und in kleineren Appellationen begann die Mechanisierung ihren Siegeszug. Die malolaktische Säureumwandlung und der Fassausbau in Eiche wurden perfektioniert. Frankreich ist auch die Heimat der Chaptalisierung, d.h. viele französischen Weine werden bei ihrer Entstehung einer mehr oder weniger starken Anreicherung unterzogen, mit anderen Worten durch Zugabe von Zucker wird der Alkoholgehalt erhöht. Dazu kommen Bestimmungen der INAO (Institut National des Appellation d´Origin) zu den amtlichen Ursprungsbezeichnungen AOC (Appellations d´Origin), VDQS (Vin Délimité de Qualité Supérieure) und Vin de Pays (Landweine), die als die fortschrittlichsten auf der ganzen Welt gelten. Sie schreiben den Winzern die Rebsorte vor, die am besten für den Boden und das Klima der jeweiligen Region sind. Es führt zur stärkeren Prägung der Weine aus einzelnen Weinanbaugebieten, zur Gewissenhaftigkeit der Winzer und zum Schutz der Verbraucher. Syrah und Grenache sind mit dem Rhônetal, Cabernet Sauvignon mit Bordeaux und Chardonnay mit dem Burgund verbunden. Darüber hinaus werden die Lesetage jährlich durch Erlasse regional festgesetzt und die Erträge werden genauestens reguliert. Die Winzer Frankreichs sind wohl vom weltweit dichtesten und restriktivsten Flechtwerk von Vorschriften umgeben.
REBSORTEN:
Frankreichs Weinberge sind beinahe zu zwei Drittel mit Rotweinreben bepflanzt. Seit Jahrzehnten ist die rote Carignan (Languedoc) die meistangebaute Rebsorte, den zweiten Platz hält Ugni Blanc eine weiße Sorte, die besonders für das Destillieren von Cognac eingesetzt wird. Grenache, Merlot, Cinsault und Cabernet Sauvignon sind die weiteren roten Hauptsorten. Chardonnay und Sémillon rangieren hinter der Ugni Blanc auf den forderen Plätzen der weißen Arten. (Weiße Rebsorten: Chardonnay, Semillon, Sauvignon Blanc, Pinot Gris, Pinot Blanc, Viognier, Gewürztraminer, Riesling, Ugni Blanc. Rote Rebsorten: Cabernet Sauvignon, Merlot, Pinot Noir, Grenache, Syrah, Cabernet Franc, Tannat, Malbec, Petit Verdot, Cinsault, Mouvedre, Carignan).