Bordeaux (Frankreich)
ALLGMEIN:
Die große französische Stadt Bordeaux mit Hafen an der Garonne und Zugang zum Atlantik gibt der Weinbauregion ihren Namen. Diese erstreckt sich über das zur Westküste führende Mündungsgebiet der Gironde (diese gibt dem Department auch seinen Namen) mit einer Rebfläche von rund 123.000 ha, aufgeteilt unter ca. 13.000 Weinerzeugern. Hier wird mehr Wein in Spitzenqualität produziert als in jedem anderen Anbaugebiet der Welt. In Bordeaux gibt es eine unerreichte Anzahl großer Weingüter und nirgendwo entstehen so viele der teuersten und gesuchtesten Weine der Welt. Die berühmtesten Gewächse (60 rote Grands Crus Classés und 26 edelsüße Weißweine), auf die knapp 5% der Gesamtproduktion der Region entfallen, zeichnen sich durch ihre Fähigkeit aus, sich in jahrelanger, manchmal sogar jahrzehntelanger Flaschenalterung vorteilhaft zu entfalten. Etwa ein Viertel der gesamten Bordeaux-Erzeugung entfällt auf Weißwein, teils in süßer, teils in trockener Ausführung. Außerdem umfasst die Produktion in kleineren Mengen Clairet (Roséwein) sowie Crémant (Schaumwein) und Fine (Weinbrand). Die Jahresgesamtproduktion beträgt 660 Millionen Flaschen, das entspricht mehr als einem Viertel der gesamten französischen Produktion an Appellation-Controllée-Weinen. Bordeaux ist die Weinwelthauptstadt schlechthin und das größte Anbaugebiet der Erde für Qualitätsweine. Durchzogen von den zwei Flüssen Garonne und Dordogne, die in die Gironde zusammenfließen. Bordeaux war und ist für viele der Nabel der Weinwelt. Dort laufen die Fäden eines die ganze Welt umspannenden Wein-Netzwerkes zusammen: Produzenten, Importeure, Politiker, Weinjournalisten und Weinhändler.
GESCHICHTE:
Der römische Dichter Ausonius (etwa 310 bis 393/94) war nicht nur der erste Autor, der berichtete, dass in seiner Heimat Bordeaux Wein wuchs, er war auch der erste namentlich bekannte Weinerzeuger dieser Region. In zwei seiner Gedichte beschreibt er die rebenbedeckten Ufer der Garonne. Das Château Ausone trägt heute seinen Namen. Zwar geht aus den Aufzeichnungen von Ausonius hervor, dass zu seiner Zeit der Weinbau bereits fest etabliert war, eindeutige ältere Belege gibt es nicht. Man geht heute davon aus, dass die Römer ca. 50 n. Chr. hier die ersten Weingärten anlegten. Frühere Dokumente sprechen nur von Burdigala als Handelsplatz für Weine. Über den Weinanbau nach dem Zusammenbruch des römischen Reichs weiß man wenig. Erst mit der im 11. Jahrhundert einsetzende wirtschaftlichen Expansion in Europa wuchs auch der Bedarf an Wein. Ein neuer Hafen La Rochelle entstand, brachte Wohlstand und Reichtum in die gesamte Region. Damit wuchs auch die Produktion und der Handel mit Wein in Bordeaux. Um 1200 gab es Weinanbau in Blaye, Bourg, an der unteren Dordogne und im Tal der Garonne sowie vor allem in Graves. Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts war das Médoc zu sumpfig für den Weinanbau und diente lediglich zum Getreideanbau. Damals gab es nur im Bas-Médoc, nördlich von St.-Estéphe einige Weinberge, wogegen St.-Emilion bereits ein Anbaugebiet war. Ein Teil der Bordeaux-Weine war eine Mischung aus zusammen vergorenen weißen und roten Trauben und hießen Clairet. Die besondere Bedeutung von Bordeaux kam durch die Verbindung mit England zustande. 1152 heiratet Elenore von Aquitanien den späteren König von England, Henry Plantagenet (Heinrich II), der zugleich Herzog der Normandie war und auf diese Weise auch in den Besitz von Elenores Ländern, der Gascogne und großer Teile Westfrankreichs, kam. Er gewährte den Bürgern dieser Regionen etliche Privilegien. Die wichtigste war der Wegfall der Exportsteuer für Güter, die per Schiff von Bordeaux aus starteten. Der Wein wurde in England billiger als jeder andere importierte Wein mit der Folge, dass schon bald jeder vierte in England getrunkene Wein aus dieser Region stammte. In dieser Zeit (genau von 1154 bis 1453) blühte der Weinhandel zwischen Bordeaux und England (auch Flandern). Nach dem 100jährigen Krieg wurde Frankreich wieder französisch, der Handel erholte sich, aber nicht in dem Maße wie unter englischer Herrschaft. Der Weinhandel mit Holland wurde im 17. Jahrhundert sehr wichtig. Die Holländer kauften Weine für den eigenen Verbrauch, aber auch billigen Weißwein für ihre Kunden in Nordeuropa, für die Hanse sowie für die Herstellung ihres Jenevers. Es waren auch die Holländer, die Mitte des 17. Jahrhunderts im Médoc die Sümpfe trocken legten und somit die Grundlage für die feinen Weine schufen. 1652 erklärten die Engländer den Holländern den Krieg, siegten mit Oliver Cromwell und waren wieder erste Seemacht. Der freie Handel mit Bordeaux war gesichert. In dieser Zeit machten die Winzer und Kaufleute des Bordeaux eine revolutionäre Entdeckung, eigentlich eine Wiederentdeckung, denn die Römer wussten schon davon: Wein kann mit zunehmenden Alter besser werden. Diese Entdeckung wurde von zwei weiteren Innovationen gefördert: Schwefel als Infektionsmittel für die Fässer und Geräte sowie die individuelle Abfüllung in Flaschen. In den mit Schwefel behandelten Fässern hielt sich der Wein über lange Zeit und verbesserte sogar seine Qualität. Vorausgesetzt, sie waren gut gebaut und verschlossen, wurden regelmäßig aufgefüllt und ordnungsgemäß gelagert. Danach folgte die Erkenntnis, dass Wein durch Schönen, Abstechen und die Abfüllung in die Flasche ebenso gewinnen kann. 1660 war die Geburtsstunde des ersten modernen Rotweines aus Bordeaux. Arnaud de Pontac, Besitzer des Chateau Haut Brion ließ seine Trauben erstmals länger auf der Maische stehen und fügte auch dem Cuvée den dunklen Presswein bei, sow wie es noch heute gemacht wird. Von diesem eigenartigen Geschmack waren die Engländer begeistert. Die Weine aus Bordeaux flossen in Strömen in der feinen englischen Gesellschaft. In der neueren Zeit brachten neben den zwei Weltkriegen, den wirtschaftlichen Depressionen in Mitteleuropa, dem Wegfall des russischen Marktes (Zar) und der Prohibition in den USA, vor allem zwei Plagen die Weinproduktion in Bordeaux fast zum totalen Erliegen: 1878 bis 1882 war es der Echte Mehltau (Pilzerkrankung) und ab 1863 wüteten die Reblaus und der Falsche Mehltau, von denen sich die Winzer nur schwer erholten. Erst Bordeaux und später ganz Frankreich verloren auf Jahrzehnte ganze Rebflächen und damit auch Rebsorten. Man kaufte Weine in Nordspanien (Riojo, Navarra, Priorat) und Winzer verließen ihre Heimat und siedelten z.B. in der Rioja an. Es dauerte beinahe bis zum Ende der 1950er Jahre bis die Châteaus mit einer internationalen Reputation genügend Gewinne erzielten, um in Neuanpflanzungen und moderne Kellertechniken (Gärbehälter aus Edelstahl) zu investieren. 1972 wurde die Château-Abfüllung für die Crus classés gesetzlich vorgeschrieben, die auch im Graves, Pomerol und St.-Emilion zur Anwendung kam. Neben der Klassifizierung der Weine des Médoc von 1855, folgte 1953 eine Klassifikation für Weiß- und Rotwein in Graves und 1955 für St.-Emilion, während es für Pomerol bis heute keine gibt.
ANBAUGEBIET:
Grob wird Bordeaux in drei Gebiete unterteilt:
- Linke Seite: Rive gauche/Medoc & Graves (AOCs: Medoc, St.Estephe, Pauillac, Haut-Medoc, St.Julien, Listrac, Moulis, Margaux, Graves, Pessac-Léognan, Sauternes und Barsac)
- Entre-Deux-Mers: das Land zwischen den Meeren/Strömen (AOCs: Premiéres Côtes de Bordeaux, Cadillac, Loupiac, Bordeaux, AC Bordeaux, Bordeaux Superieur)
- Rechte Seite: Rive Droite/Libournais (AOCs: Blaye, Côtes de Blaye Premiéres Côtes de Blaye, Côtes de Bourg, Fronsac, Canon-Fronsac, Côtes de Castillon, Côtes de Francs, St.-Emilon, Pomerol und deren Satelliten)
KLIMA:
Allgemein hat ganz Südwestfrankreich ein beneidenswertes Klima. Mild im Winter, warm im Sommer, im Jahresdurchschnitt 7,5°C Tiefst - und 17°C Höchsttemperatur. Hinzu kommen ca. 2000 Sonnenstunden im Jahr, ausreichend Niederschlag von 900 mm jährlich. Günstige Umweltbedingungen für den Weinbau schaffen die drei Flüsse (Hänge mit guter Lage und Regulierung der Temperatur). Überdies wird das Anbaugebiet durch Kiefernwälder im Norden und Südwesten gegen den Einfluss des Atlantiks gut abgeschirmt (Winterfröste sind die Ausnahme 1956, 1958 u. 1985). Berühmt sind aber die Herbste im Department Gironde mit ihren oft außergewöhnlichen Nachsommern.
BODEN:
Allgemein bestimmen kieselhaltige Anschwemmungen von Kiessand (viele rote Grand crus), mariner Seesternkalk, Molassen und Ton die Böden für den Rotwein. Die Rebstöcke der weißen Rebsorten wachsen häufig auf Schwemmlandböden mit Kies, Sand, Seesternkalk, Lehm und Molassen. Die vorwiegend kargen und steinigen Kiesböden zwingen die Rebstöcke tief bis zu zehn Metern zu wurzeln, um an das notwendige Wasser zu gelangen. Gleichzeitig hat diese Bodenbeschaffenheit eine Wärme speichernde Funktion und entwässert optimal. Das Médoc besitzt zudem eine Kiesbank (grobsteiniger Geröllkiesel), darunter liegt eine Mergelschicht, unter ihr die Kalkschicht. Die Böden in St.-Emilion sind kalkhaltige Sand- und Tonböden sowie poröser Tuff (verdichteter Sand). Und das Pomerol zeigt sehr eisenoxydhaltige Schichten, hier ist besonders das Chateau Petrus zu erwähnen.
AOCs:
Die Appellation d´Origine Contrôlée bilden die gesetzliche Grundlage für die Qualitätsweinerzeugung in ganz Frankreich. Die Regeln für die Produktion von AOC-Wein sind gesetzlich festgelegt und beziehen sich u.a. auf Gemarkungen, Rebsorten, Hektarerträge, Alkoholgehalte, Etikettierungen. In Bordeaux gibt es mehrere AOC Ebenen: es gelten die allgemeinen AOCs (z.B. Bordeaux, Bordeaux Supérieur, Crémant de Bordeaux) und spezifischen AOCs (z.B. Margaux, Haut-Medoc, Medoc, usw.). Die letzteren beziehen sich in der Regel auf bestimmte, klar definierte Gebiete mit strengen Vorgaben. Grob gesagt: je strenger die Eingrenzung, desto hochwertiger ist meistens die Appellation. Zudem tragen bestimmte Weingüter die Bezeichnung Château. Diese steht für keine spezielle Architektur, sondern das Weingut muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen: es dürfen in dem Weingut keine Land- und Tafelweine produziert werden, nur AOC klassifizierte Weine, ausschließlich Verarbeitung von Trauben von aus eigenen Weinbergen und die Verarbeitung muss im eigenen Keller stattfinden.