Südwestfrankreich (Sud-Ouest)
ALLGEMEIN:
Die beiden ertragsstärksten Weinbaugebiete Frankreichs beherrschen diese Ecke des Landes: Das Bordelais und südlich der Garonne, das so genannte Oberland. Die Weinbaugebiete dieser großen Region Sud-Ouest mit rund 160.000 Hektar Rebfläche zählen zu den ältesten Frankreichs. Rein geographisch und auch historisch gesehen zählt zum Südwesten Frankreichs das gesamte Gebiet zwischen dem die östliche Grenze bildenden Zentralmassiv (Massif Central) und der Atlantikküste im Westen bis in den Süden zu den Pyrenäen an der Grenze zu Spanien.
GESCHICHTE:
Julius Cäsar (100-44 v. Chr.) bezeichnete die von ihm eroberte römische Provinz zwischen dem Fluss Garonne und den Pyrenäen erstmals als Aquitanien (frz. Guyenne). Kaiser Karl der Große (742-814) verleibte es dem fränkischen Reich ein. Nach wechselvoller Geschichte als eigenständige Grafschaft, der Hinzugewinnung der Gascogne und dann im Zuge der Kreuzzüge unter englischer Herrschaft ab Mitte des 12. Jahrhunderts kam das Gebiet erst im Jahre 1453 endgültig zu Frankreich. Im Mittelalter kultivierten hier die katholischen Orden den Weinbau, wobei sich besonders die Zisterzienser verdient machten. Der Bedarf der Holländer ab dem 17. Jahrhundert nach Brennweinen und Süßweinen prägte den Weinstil. Zu dieser Zeit wurde der Name Haut-Pays (Ober-Land - flussaufwärts ab Bordeaux) gebräuchlich. Schon in der Vergangenheit hatten diese Regionen in dem "Oberland" einen schweren Stand gegen das übermächtige Bordeaux. Die großen Weine des Bordelais waren immer schon von hoher Qualität und international gefragt, dazu kamen die geografische Vorteile und die königlichen Privilegien. Die Winzer aus dem Oberland mussten warten bis die gesamte Lese der Bordeaux-Winzer an Engländer und Holländer verkauft waren. Erst dann durften die Winzer ihre Weine auf den Flüssen Garonne und Dordogne verschiffen. Die Weine vom Fuß der Pyrenäen hingegen waren nicht von Bordeaux abhängig, mussten aber eine riskante Schiffsreise auf dem Adour hinter sich bringen, ehe sie den Hafen von Bayonne erreichten. Trotz des Eisenbahnbaus waren manche dieser Anbaugebiete schon so gut wie verschwunden, auch durch die beinnahe totale Vernichtung der Rebstöcke durch Reblaus und Falscher Mehltau zum Ende des 19. Jahrhunderts. 1953 gab es im Madiran nur noch sechs Hektar Weinberge und auch das Juracon drohte als Weinquelle zu versiegen. Im letzten Augenblick retteten einige dynamische Winzer und sehr engagierte Genossenschaften diese traditionellen Regionen, ein wahres Rebenmuseum, mit einer enormen Vielfalt von autochthonen Rebsorten.
TERROIR:
Die wohl größte Gemeinsamkeit des riesengroßen Gebietes ist das atlantische Klima. Eingeklemmt zwischen den Gipfeln und Pässen des Massif Central und der fast lückenlosen Wand der Pyrenäen, hat der Südwesten die Funktion eines Korridors vom Atlantik zum Mittelmeer. Beide Meere bringen dem Klima große Vorteile: Im Winter Wärme vom Mittelmeer her und im Sommer mäßig warme feuchte Winde aus dem Golf der Biskaya. Es gibt viel Feuchtigkeit im Winter und Frühjahr, warme Sommer und lange, sonnige Herbste.
REBSORTEN:
Die starke Persönlichkeit dieser Anbaugebiete drückt sich in den Traubensorten aus. Man bezeichnet Südwest-Frankreich auch als „Reben-Museum“, denn nirgendwo anders gibt es so viele autochthone Rebsorten wie hier, die zum Teil uralt sind und zunehmend wieder kultiviert werden. Sie stammen aus der frühesten Zeit des Weinbaus und verleihen diesen Weinen unnachahmliche Noten von Unverfälschtheit, Ehrlichkeit mit typischen Charakter. Die Winzer verleugnen keineswegs die Bezeichnung "ländlich", sondern bekennen sich dazu und geben diesem Begriff seine ganze Würde. Dies sind unter anderem die Sorten Arrufiac, Baroque, Duras, Fer Servadou, Lauzet, Len de l’El, Mauzac, Manseng, Négrette und Tannat. Diese verleihen den Weinen eine eigenständige, typische Note. Aber es sind auch die klassischen Bordeaux-Sorten Cabernet Franc, Cabernet Sauvignon, Merlot, Sauvignon Blanc und Sémillon vertreten. Die bedeutendste Sorte ist der rote Tannat, der im 11. Jahrhundert von Mönchen aus dem Bordeaux mitgebracht wurde.
BRANNTWEINPRODUKTION:
Hier werden auch die beiden berühmten Branntweine Frankreichs produziert: der Cognac nördlich von Bordeaux in der stillen Landschaft der Charente und der Armagnac weiter im Süden (Cascogne) in einer zutiefst ländlichen, waldreichen, von Tälern durchzogenen Region bis hin zum Baskenland.
ANBAUGEBIET:
Man unterscheidet die Region in fünf größere Teilbereiche, die sehr unterschiedliche Weinstile mit eigenständigem Charakter produzieren. Im Zentrum liegt die berühmte Weinbrand-Region Armagnac. Der Norden wird vom großen Bereich Bergerac dominiert, südlich davon liegt Cahors. Im Osten liegt das geschichtsträchtige Gaillac. In der Südwestecke an den Ausläufern der westlichen Pyrenäen liegen die wohl am wenigsten bekannten Weinbaubereiche Frankreichs. Der nördlichste davon heißt Côtes de St.-Mont, zu dem auch noch Teile von Armagnac gehören, dann südlich Madiran & Pacherenc du Vic-Bilh, Tursan, Béarn, Jurançon und tief im Baskenland, Irouléguy. Die wichtigsten AC-, VDQS- und VdP-Bereiche sind: Armagnac, Béarn, Bergerac (Côtes de Bergerac), Blanquette de Limoux, Buzet (Côtes de Buzet), Cabardès, Cahors, Charentais (Vin de pays), Comté Tolosan (Vin de pays), Coteaux du Quercy, Côtes de Gascogne (Vin de pays), Côtes de Duras, Côtes de Millau, Côtes de Saint-Mont, Côtes du Brulhois, Côtes du Marmandais, Côtes du Tarn (Vin de pays), Fronton (bis 2004 Côtes du Frontonnais), Gaillac (Gaillac Doux, Gaillac Méthode Gaillacoise, Gaillac Prèmieres Côtes), Irouléguy, Jurançon, Lavilledieu, Madiran, Marcillac, Monbazillac, Montravel (Côtes de Montravel, Haut-Montravel), Pacherenc du Vic-Bilh, Pécharmant, Rosette, Saussignac, Terroirs Landais (Vin de pays), Tursan, Vins d’Entraygues et du Fel, Vins d’Estaing.
