Verkostung von Wein

Für eine effektive Verkostung von Wein wird ein geeignetes Umfeld benötigt. Eine ideale Umgebung verfügt über ein gutes Tageslicht, damit das Aussehen der Weine bewertet werden kann. Es dürfen keine Gerüche vorhanden sein, da diese die Wahrnehmung der Weinaromen beeinträchtigen können. Selbst sollte man einen neutralen Gaumen haben, der nicht durch Zahnpasta oder den Nachgeschmack intensiver Speisen beeinträchtigt ist. Zudem sollte man genügend getrunken habenn, da die Aromarezeptoren in der Nase austrocknen und für Gerüche unempfinder werden, wenn man dehydriert ist. Auch sollte man zum Verkosten geeignete Gläser, die geruchsfrei und farblos sind, verwenden. Die wichtigsten Parameter beim Weinverkosten sind folgende:

1. OPTISCHER EINDRUCK:

  • KLARHEIT:
    Ist der Wein klar oder trüb? Die große Mehrheit der Weine kann als klar beschrieben werden, da die meisten Weine vor der Abfüllung geklärt werden. Trübungen werden verursacht durch Partikel, die im Wein schweben. Wenn ein Wein eine ungewöhnliche große Menge an Schwebstoffen enthält, dann wird dieser als trüb bezeichnet. Eine Trübung muss allerdings kein Weinfehler sein. Bei einigen Weinen wird explizit auf eine Klärung verzichet, wie zum Beispiel bei Naturweinen.
  • FARBTIEFE:
    Diese gibt an, wie kräftig die Farbe eines Weins ist. Von blass bis tief kann ein Wein jede Nuance hervorbringen. Weißweine sind direkt am Rand häufig sogar farblos, während sie in der Kernzone ein tiefes Gelb hervorbringen können.
  • FARBTON:
    Hierbei geht es um die exakte Farbbestimmung im Wein. Bei Weissweinen kann der Farbton von Zitronengelb über Grüngelb, Goldgelb bis in zu einer Bernsteinfarbe und Braun reichen. Bei Rotweinen von Rubinrot über Purpur, Granat bis hin zu Braun. Bei Rosé von Hellrosa, Lachsfarben bis hin zu Orange.
  • ANDERE EINDRÜCKE:
    Einige weitere Beobachtungen ergänzen den optischen Eindruck eines Weins. Bei Schaumweinen finden sich zum Beispiel kleine Blässchen im Wein, die so genannte Perlage. Jeder Wein zeigt zudem Tränen (Flüssigkeitsschlieren, die an den Seiten des Glases zu sehen sind). Weine mit einem gewissen Zucker- oder Alkoholgehalt sind viskoser und bilden dickere Tränen. Manche Rotweine sind so farbintensiv, dass die Schlieren einen merklichen Farbton haben. Manche Weine enthalten ein Depot, was auf einen ungeschönten Wein hindeutet.

2. GERUCH:
Ein großer Teil des Genusses beim Verkosten von Wein verdankt sich seinem Geruch. Gerade im Charakter und in der Komplexität der Aromen macht sich der Unterschied zwischen Basisqualität und sehr feinen Weinen bemerkbar. Man sollte das Glas schwenken, damit der Wein seine Aromen besser freigibt. Auf folgende Dinge sollte man beim Riechen achten:

  • REINTÖNIGKEIT:
    Duftet der Wein rein, klar und sauber oder besitzt diese etwa einen Weinfehler?
  • INTENSITÄT:
    Wenn man die Aromen des Weins sofort erkennen kann, ohne dass man die Nase tief in das Glas steckt, so gelten diese als ausgeprägt. Im Gegensatz, wenn man mit der Nase tief im Glas intensiv schnuppern muss, um Aromen zu erkenn, so gilt der Wein als verhalten.
  • AROMAAUSPRÄGUNG:
    Das Aroma eines Weins zu beschreiben kann eine herausfordernde Aufgabe sein, insbesondere wenn man noch nicht viel Erfahrung als Weintrinker besitzt. Es gibt drei Haupttypen von Aromen: primäre Aromen, sekundäre Aromen und tertiäre Aromen. Dabei ist zu beachten, dass nicht jeder Wein primäre, sekundäre und tertiäre Aromen gleichzeitig aufweist.
  • ENTWICKLUNGSSTADIUM:
    Jeder Wein besitzt einen eigenen Lebenszyklus, in dem er verschiedene Phasen durchschreitet und auch die Aromatik sich ständig verändert. Anhand dieser unterschiedlichen Phasen kann man das Entwicklungsstadium eines Weins sehr gut erkennen. Wird der Wein von Primär- oder Sekundäraromen dominiert, kann man diesen als jugendlich beschreiben. Wenn im Wein primäre und sekundäre Aromen vorherrschen, aber einige Tertiäraromen erkennbar sind, beschreibt man den Wein als reif. Stehen die Tertiäraromen im Vordergrund, kann der Wein als Vollreif bezeichnet werden, selbst wenn noch einige Primär- und Sekundäraromen präsent sind. Wie lange ein Wein braucht, um diesen Zustand zu erreichen, ist sehr unterschiedlich. Bei manchen geht es recht schnell, andere (z.B. Vintage Port) brauchen Jahrzehnte. Deshalb ist der Jahrgang auch kein entscheidender Indikator. Am Ende lassen alle Weine nach, die attraktiven Aromen verschwinden, unangenehme Noten beginnen sich zu entwickeln. An diesem Punkt nennt man einen Wein müde.

3. GESCHMACK:
Viele verschiedene Komponenten müssen beim Geschmack beachtet werden. Manchmal beeinflusst die Wirkung einer Komponente den Eindruck einer anderen (Alkohol und Frucht verstärken zum Beispiel die Wahrnehmung von Süße, während Säure Süße abschwächen kann).

  • SÜSSE:
    Dies ist der Geschmack von Zucker im Wein. Ein trockener Wein enthält sehr wenig bis gar keinen Zucker. Das Spektrum von halbtrocken bis halbsüß umfasst Weine mit merklichen Zuckeranteil, während Weine als süß bezeichnet werden, wenn der Zuckeranteil eine dominante Rolle spielt
  • SÄURE:
    Die Hauptsäuren im Wein sind die Wein- und die Apfelsäure (aus dem Traubensaft) oder die Milchsäure (in allen Rotweinen und vielen Weißweinen als Umwandlungsprodukt der Apfelsäure). Manchmal wird dem Wein auch bei der Weinbereitung Säure hinzugefügt. Dies ist allerdings nur in bestimmten Regionen der Welt erlaubt. Die genannten Säuren sind geruchlos und lassen sich nur über den Geschmackssinn erschließen. Die meisten Menschen nehmen Säure am stärksten an den Seiten der Zunge wahr. Zudem lässt sie den Speichel im Mund zusammenfließen, da dieser das natürliche Säuregleichgewicht wiederherzustellen versucht. Weine mit niedriger Säure wirken breit, rund und weich. Weine mit hoher Säure stammen häufig von Trauben aus kühlem Klima und können besonders starkem Speichelfluss anregen.
  • TANNIN:
    Tannine (oder auch Gerbstoffe genannt) sind eine wichtige, strukturierende Komponente in Rotweinen und binden den Speichel, weshalb der Mund austrocknet und sich rau anfühlt. Sie tragen zur Reichhaltigkeit der Textur eines Weins bei. Tannine können manchmal auch bitter schmecken, was am deutlichsten im hinteren Mundraum wahrgenommen wird. Häufig sind die Tannine dann noch unreif. Reife Tannine hingegen bereichern in der Regel die Textur.
  • ALKOHOL:
    Dieser wirkt sich auf die Textur und den Körper eines Weins aus. Alkohol ist schwerer als Wasser und je höher der Alkoholgehalt ist, desto schwerer wirkt der Wein im Mund. Allerdings kann ein Wein auch etwas schwerer wirken, wenn eine andere Komponente, z.B. Zucker, dem Wein Körper verleiht.
  • KÖRPER:
    Der Körper, auch Mundgefühl genannt, ist der texturale Eindruck, den ein Wein im Mund hinterlässt. Dabei handelt es sich nicht um eine einzelnen Komponente, sondern um einen Gesamteindruck, bei dem alle Strukturelemente zusammenwirken. meist leistet der Alkohol den wichtigsten Beitrag, doch auch Zucker sorgt für mehr Körper, während viel Säure ihn Schlanker erscheinen lässt.
  • MOUSSE:
    Diese wird auch Perlage genannt. Diese ist nur bei Beurteilung von Schaumweinen von belang. Meist ist eine cremige Mousse zu erwarten, das heißt ein lebhaftes Prickeln auf Zunge und am Gaumen. Ein Schaumwein kann aber auch zu schaumig und zu aggresives Perlen aufweisen. Hochwertige Schaumweine entwickeln sehr feine, weiche, kleine Blässchen.
  • GESCHMACKSINTENSITÄT UND -AUSPRÄGUNG:
    Normalerweise sollten die Geschmacksnoten am Gaumen mit den Aromen identisch sein, die beim Geruch identifiziert wurden. Durch die Erwärmung des Weins im Mund können aber gewisse Eigenschaften deutlicher hervortreten als in der Nase. Im Mund treten erdige, würzige, geröstete Noten meist stärker hervor, während fruchtige und blumige Noten nicht so deutlich erscheinen.
  • ABGANG:
    Als Abgang bezeichnet man die Gesamtheit der Eindrücke, die nach dem Schlucken oder Ausspucken des Weins im Mund verbleiben. Wie lange diese Eindrücke anhalten, ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal. In Allgemeinen verschwinden die angenehmen Geschmacksnoten bei Weinen einfacher Qualität oft innerhalb weniger Sekunden.

4. GESAMTEINDRUCK:
Zum Schluss sollte man sich immer noch alle Parameter der Verkostung rekapitulieren und ein Fazit ziehen:
 

  • QUALITÄTSGRAD:
    Bei der Bewertung der Qualität eines Weins finden zahlreiche Kriterien Berücksichtigung. Obwohl es vorkommt, dass Weinprofis über die Qualität eines Weins uneins sind (Wein wird nun einmal subjektiv wahrgenommen), herrscht in den meisten Fällen doch eine breite Übereinstimmung sowohl bei der Qualitätsbewertung als auch bei deren Begründung. Das ist möglich, weil man zur Beurteilung die Qualitätskriterien Ausgewogenheit (wenn Frucht und Zucker auf der einen Seite von Säure und Tannin auf der anderen Seite austariert werden), Intensität (ein schwach und wässrig schmeckender Wein ist selten gut, ab einem gewissen Punkt bedeutet Intensität jedoch nicht unbedingt eine bessere Qualität), Länge (Länge der angenehmen Eindrücke im Abgang) und Komplexität (Komplexe Aromen und Geschmacksnoten sind erwünschte Merkmale im Wein; Einfachheit muss allerdings nicht immer negativ sein) berücksichtigt, die zur Beurteilung der Weinqualität Berücksichtigung finden.
  • TRINKREIFE:
    Die erste Frage ist, ob der Wein überhaupt in einem Stil bereitet ist, der von einer Reifung profitiert. Viele Weine sind zum sofort trinken hergestellt worden. Diese besitzen überwiegend primäre Aromen und eine leichte Säure- und Tanninstruktur. Weine mit einer festen Säure- und Tanninstruktur sowie ausreichend Geschmackskonzentration profitieren möglicherweise von einer Alterung. Um einschätzen zu können, wie sich ein Wein im Laufe der Zeit verändern wird, benötigt es Erfahrung. In der Regel entwickeln sich die Aromen weg von primärem Geschmack hin zu tertiären Eigenschaften und die Tannine werden weicher.