Saint-Émilion (Frankreich)
Saint-Émilion, ein großes Gebiet auf dem rechten Ufer der Dordogne, wird allgemein als die charmante, charaktervolle und attraktive Region/Stadt mit seinen sanften Weinbergen bezeichnet. Der Bereich mit rund 5.500 Hektar Rebfläche liegt im Osten der Region Bordeaux, die Stadt Bordeaux ist ca. 30 km entfernt. Das 10x5 Kilometer große Gebiet umfasst die so genannten „fünf heiligen Dörfer” St-Christophe, St-Émilion, St-Etienne, St-Hippolyte und St-Laurent. Weiter zählt hinzu ein Teil von Libourne sowie die außerhalb im Norden und Osten liegenden vier Gemeinden Lussac, Montagne, Puisseguin und Saint-Georges. Dies sind selbständige Appellationen, die den Ortsnamen mit dem Zusatz Saint-Émilion tragen dürfen.
GESCHICHTE: Die AC ist nach der gleichnamigen kleinen Stadt benannt, die ihren Namen nach dem Heiligen Émilion (Aemilianus) trägt. Dieser Benediktiner-Mönch lebte hier im 7. Jahrhundert in einer Höhle, die sich heute auf dem Grundstück des Château Laniote befindet. Die Stadt ist auch eine Station auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela. Schon die Römer pflanzten hier die ersten Rebstöcke.
TERROIR: Das Klima ist kontinentaler und nicht so maritim geprägt wie im westlich liegenden Médoc und weist größere Temperatur-Schwankungen auf. Die Weingärten liegen zwischen 25 und 100 Meter Seehöhe. Das Gebiet ist von einer Vielfalt von Bodentypen geprägt, oft sogar auch innerhalb der einzelnen Châteaus. Man unterteilt grob in die vier Zonen Plateau (Kalkstein-Formationen mit Tonkalk oder sandigem Ton), Côtes (ähnlich, aber andere Hangneigung und Ausrichtung), Graves (Kies und grober Schotter) und Sables (Schwemmland-Schotter). Diese Böden erbringen naturgemäß auch unterschiedlichste Weintypen.
REBSORTEN: Die rund 1.000 Weingüter erzeugen überwiegend Rotweine, nur diese haben den Appellations-Status. Die vollmundigen und körperreichen Rotweine mit seidiger Textur werden hauptsächlich aus Merlot, der hier rund 60% der Rebfläche belegt, sowie Cabernet Franc (hier Bouchet) mit Anteilen von Cabernet Sauvignon, Malbec und Carmenére produziert. Lange Maischezeiten und Barrique-Ausbau in zumeist neuen Eichen-Fässern sind üblich. Sie sind sanfter, fruchtiger und weniger tannin-betont als jene aus dem Médoc, oft aber kräftig, alkoholstark, fruchtig-süß, auch elegant und stilvoll und an frisch gemahlenen Kaffee, sehr entgegenkommend und früh genussreif.
KLASSIFIKATION: Die Appellation Saint-Émilion dürfen neben der Stadt selbst acht weitere Gemeinden beanspruchen. Die zweite Appellation Saint-Émilion Grand Cru ist kein Bereich, sondern umfasst Weine mit sensorisch geprüften Qualitätskriterien. Bevor die Weine in Flaschen abgefüllt werden dürfen, müssen sie eine zweite Probe absolvieren. Unter diesen werden jene Châteaus ausgewählt, die klassifiziert werden. Das Klassifikations-System ist nicht so starr wie jenes von Médoc und wird regelmäßig revidiert. Die erste Aufstellung wurde im Jahre 1955 geschaffen, weitere Klassifizierungen erfolgten dann in den Jahren 1969, 1985, 1996 und 2006. Die Gesamtanzahl der klassifizierten Weine ist mit maximal 90 begrenzt. Die Anzahl hat sich ständig reduziert. Im Jahre 1986 waren es noch 85 gewesen, dies hat sich dann 1996 auf 68 und 2006 auf 60 Weingüter verringert. Die 15 Premier Grand Cru teilen sich in zwei Gruppen: A für zwei Châteaus und B für die 13 übrigen. Die unterste Klasse bilden die Grand Crus, die aber keine fixe Klassifizierung darstellt, sondern jedes Jahr nach einer Jury-Verkostung erteilt wird. Sie ist Château-Abfüllungen vorbehalten.
- Premier Grand Cru Classé A (2): Die zwei Weingüter Château Ausone und Château Cheval Blanc zählen zu den absoluten Spitzen-Produzenten im Bordelais und können von der Qualität den Premier-Cru-Classé-Châteaux des Médoc gleichgesetzt werden.
- Premier Grand Cru Classé B (13). Im Jahre 1996 wurden 11 Weingüter klassifiziert, 2006 wurden alle bestätigt und zwei neue kamen hinzu: Château Angélus, Château Beauséjour Duffau-Lagarosse, Château Beau-Séjour-Bécot, Château Belair, Château Canon, Château Figeac, Château La Gaffelière, Château Magdelaine, Château Pavie, Château Pavie-Macquin (neu), Château Troplong-Mondot (neu), Château Trottevieille und Clos Fourtet.
- Grand Cru Classé (45). Im Jahre 1996 wurden 55 Weingüter klassifiziert, eines davon ging 2000 in einem anderen auf (ergab 54). Im Jahre 2006 wurden 2 hoch gestuft, 13 deklassiert und 6 kamen hinzu: Château Balestard La Tonnelle, Château Bellefont-Belcier (neu), Château Bergat, Château Berliquet, Château Cadet-Piola, Château Canon-La-Gaffelière, Château Cap-de-Mourlin, Château Chauvin, Château Clos des Jacobins, Château Corbin, Château Corbin-Michotte, Château Couvent des Jacobins, Château Dassault, Château Destieux (neu), Château Fleur-Cardinale (neu), Château Fonplégade, Château Fonroque, Château Franc-Mayne, Château Grand Corbin (neu), Château Grand Corbin-Despagne (neu), Château Grandes Murailles, Château Grand-Mayne, Château Grand-Pontet, Château Haut-Corbin, Château Haut-Sarpe, Château La Clotte, Château La Couspaude, Château La Dominique, Château Laniote, Château Larcis-Ducasse, Château Larmande, Château Laroque, Château Laroze, Château L´Arrosée, Château La Serre, Château La Tour Figeac, Château Le Prieuré, Château Matras, Château Monbousquet (neu), Château Moulin du Cadet, Château Pavie-Decesse, Château Ripeau, Château Saint-Georges-Côte-Pavie, Château Soutard, Clos de l´Oratoire und Clos Saint-Martin.
- Grand Cru: Der Unterschied bezüglich Vorgaben ist zur Grand Cru Classé beträchtlich. Der Mindest-Alkohol-Gehalt muss nur 0,5% Vol. über dem der einfachen AC Saint-Émilion liegen, der Ertrag ist etwas geringer gegenüber dieser. Jeder Erzeuger kann den Titel beantragen, was auch von Hunderten genutzt wird. Eigentlich ist es keine Klassifizierung (denn diese Weingüter wurden ja eben „nicht klassifiziert”), sondern eher eine Zusatz-Bezeichnung für die Appellation. Der Unterschied Grand Cru Classé zu Grand Cru entspricht in etwa dem im Bordeaux zwischen Bordeaux und Bordeaux Supérieur. Selbstverständlich werden von einzelnen dieser „nur” Grand-Cru-Châteaux trotzdem exzellente Weine produziert. Parade-Beispiele sind unter anderem Château Patris und Château Valandraud.
Nach der Klassifizierung 2006 brachten die vier deklassierten Weingüter Château Cadet-Bon, Château Guadet-Saint-Julien, Château La Tour-du-Pin-Figeac und Château La Marzelle eine Klage beim Verwaltungsgericht in Bordeaux ein. Daraufhin kam es zu einer Suspendierung der Klassifikation. Im März 2007 wurde jedoch das Urteil vom obersten Verwaltungsgericht Conseil d´Etat wieder rück-gängig gemacht. Daraufhin untersagte im Juli 2008 das Verwaltungsgericht von Bordeaux die Verwendung von „Grand Cru Classé” oder „Premier Grand Cru Classé A/B” bei den noch nicht ausgelieferten Weinen ab Jahrgang 2006. Nach Ansicht des Gerichts war es grob fehlerhaft, zunächst die Weine bereits klassifizierter Weingüter und dann separat die anderen zu verkosten. Alle hätten gemeinsam verkostet werden müssen. Kurz darauf beschloss die zweite Kammer des französischen Parlaments, dass bis zu einer abschließenden gerichtlichen Klärung die Klassifikation 1996 wieder in Kraft gesetzt wird. Die Klassifikation 2006 bleibt bis zum Abschluss des Verfahrens ungültig. Alle 1996 klassifizierten Weingüter dürfen Grand Cru Classé/Premier Grand Cru Classé weiter nutzen; die 2007 aufgestuften Güter dagegen nicht.