Rheinhessen (Deutschland)
Die gleichnamige Region im Bundesland Rheinland-Pfalz gab auch dem größten Anbaugebiet Deutschlands seinen Namen. Rheinhessen hat keinen geographischen Bezug zum Bundesland Hessen, sondern der Name leitet sich aus der von 1816 bis 1919 bestehenden historischen Zugehörigkeit des Gebietes als Provinz Rheinhessen des Großherzogtum Hessen ab. Das Anbaugebiet Rheinhessen ist mit 26.333 Hektar Rebfläche das größte Anbaugebiet, das sind rund ein Fünftel der Region Rheinhessen. Über 6.000 Winzer produzieren jährlich mehr als 2,5 Mio. Hektoliter Wein aus rund 120 Millionen Rebstöcken. Rheinhessen liegt am linken Ufer des großen Rheinknies zwischen den Orten Bingen, Mainz und Worms in Form eines riesigen Dreiecks. Der Rhein begrenzt das Gebiet im Norden und Osten. Auf Grund des hügeligen Charakters der Landschaft wird es auch als Land der 1.000 Hügel bezeichnet.
GESCHICHTE: Es handelt sich um einen der traditionsreichsten deutschen Weinbaubereiche, in dem durch viele Funde belegt bereits vor Christi Geburt Wein angebaut wurde. Vom römischen Weinbau bezeugt eine alte Wasserleitung in der Gemeinde Ingelheim. In Nierstein befindet sich mit der bereits 742 urkundlich erwähnten Einzellage Glöck, der älteste Weinberg Deutschlands. Kaiser Karl der Große (742-814) hatte dort eine Pfalz (Palastanlage) und bemerkte nach der Legende auf einer Rheinfahrt die ausgezeichnete Eignung für Weinberge. Er förderte hier den Weinbau, indem er in der Rheinebene Wälder roden und Rebflächen anlegen ließ. Aus dem Jahre 1546 stammt einer der ersten Hinweise auf den Riesling, denn der deutsche Botaniker Hieronymus Bock (1498-1554) schreibt von einem „an der Mosel/Rhein und in Wormbs wachsenden Rissling”. Zu dieser Zeit galt Rheinhessen als die Weinkelter Europas. Eine Beschreibung über den rheinhessischen Weinbau ohne Erwähnung der berühmten und zum Teil berüchtigten Liebfrauenmilch wäre unvollständig. Er wurde ab Mitte des 19. Jahrhunderts populär, stand lange Zeit für ausgezeichnete Qualität und zählte zu den besten und teuersten deutschen Weinen. Doch der einstige Spitzenwein verkam dann zu einem billigen, zumeist lieblich bis süß vinifizierten Massenwein, der in alle Welt exportiert wurde. Eine der Hauptsorten dieses Weins ist Müller-Thurgau, die erfolgreichste deutsche Neuzüchtung, die 1970 in Rheinhessen über ein Drittel Anteil hatte. Das hat sich zwar seitdem mehr als halbiert, aber diese Sorte liegt noch immer an der Spitze. Ab Anfang der 1960er-Jahre wurden besonders in Rheinhessen viele dieser neuen Sorten angebaut und erreichten bis 1980 einen Anteil von 40%. Diese Entwicklung ist aber in den letzten Jahren zugunsten der klassischen Rebsorten wie Riesling, Silvaner und Burgundersorten wieder rückläufig. In Alzey befindet sich übrigens eine Landesanstalt für Rebenzüchtung, wo lange Jahre der erfolgreiche deutsche Rebenzüchter Georg Scheu (1879-1949) wirkte.
TERROIR: Die Böden bestehen hauptsächlich aus Löss, sowie Sand, Mergel, Kalkstein, Ton, Rotliegend, Braunerde, Quarzit und Porphyr. Die klimatischen Bedingungen für den Weinbau sind optimal. Unter dem Schutz von Odenwald und Taunus gibt es milde Durchschnitts-Temperaturen zwischen 9,4 (Alzey) bis 10,4 °Celsius (Worms). Das niederschlagsarme Gebiet mit warmen Sommern und milden Wintern zählt mit 1.600 Sonnenstunden jährlich zu den wärmsten deutschen Anbaugebieten. Rheinhessen zählt zu den trockensten Gebieten in Mitteleuropa. Außer im Südwesten beträgt der jährliche Niederschlag durchschnittlich nur 550 Millimeter. Die in weiten Bereichen vorherrschende bis zu 15 Meter tiefe Lössdecke, sowie die Mergel- und Tonböden verhindern jedoch durch einen guten Wasserhaushalt Trockenschäden.
ANBAUGEBIET: Rheinhessen ist in die drei Bereiche Bingen, Nierstein und Wonnegau gegliedert. Diese unterteilen sich wiederum in 24 Großlagen und 434 Einzellagen. Die Weinberge am Rheinufer werden oft als Rheinfront bezeichnet. Von den 136 Gemeinden Rheinhessens enden 120 auf „heim“ und lediglich vier betreiben keinen Weinbau auf der eigenen Gemarkung.
REBSORTEN: Der Rebsortenspiegel hat sich in den letzten zehn Jahren stark geändert. Der Anteil der Weißweinsorten hat sich von 78% auf 68% reduziert. An der Spitze liegen dieselben vier Rebsorten, jedoch hat der Dornfelder mit dem Silvaner den Platz getauscht. An der Spitze liegt zwar immer noch der Müller-Thurgau, jedoch hat sich der Anteil um rund 1.000 Hektar von 20 auf 16% reduziert. Die an zweiter Stelle liegende Rotweinsorte Dornfelder hat ihren Anteil um knapp 1.300 Hektar von 8 auf über 13% gesteigert. Auch der Riesling ist von 10 auf über 13% gestiegen. Der an vierter Stelle liegende Silvaner hat sich um über 500 Hektar oder rund 2% reduziert (Rheinhessen hat die größte Silvaner-Anbaufläche der Welt).