Neuseeland

Neuseeland gehört zu den Spätentwicklern in puncto Weinbau, gab es doch bis weit in die 1970er Jahre kaum nennenswerte neuseeländische Weine. Erst in den 1980er Jahren arbeitete sich Wein aus Neuseeland nach und nach ins internationale Bewusstsein. Bis Mitte der 1980er Jahre in London eine legendäre Verkostung mit neuseeländischen Weißweinen den jähen Durchbruch nach sich zog. Heute hat sich Wein aus Neuseeland eine festen Platz in den Herzen der Weinliebhaber erobert, allen voran der zur Berühmtheit gelangte neuseeländische Sauvignon Blanc. Doch Wein aus Neuseeland hat mittlerweile mehr zu bieten. Das sind zum einen Weißweine aus Neuseeland, die aus Chardonnay und Riesling vinifiziert werden, zum anderen aber auch neuseeländische Rotweine. Hier erweist sich neben Cabernet Sauvignon, Merlot und Syrah, vor allem der Pinot Noir als ernstzunehmende Varietäten. Zudem gibt es mehr und mehr auch Schaumweine aus Neuseeland, die großen Spaß machen. Es lohnt sich also das Weinland Neuseeland auch jenseits von Sauvignon Blanc wie Cloudy Bay kennen zu lernen, auch wenn dieser zugegebenermaßen immer noch der strahlende Stern des neuseeländischen Weins ist.

GESCHICHTE: Der englische Seefahrer James Cook (1728-1779) nahm im Jahre 1769 das aus zwei Hauptinseln bestehende Land für England in Besitz. Vom anglikanischen Missionar Samuel Marsden wurden im Jahre 1819 bei Kerikeri an der Nordostküste der Nordinsel die ersten Rebstöcke gepflanzt, die er aus Australien mitgebracht hatte. Als der damals noch unbekannte Charles Darwin (1809-1882) im Jahre 1835 vom Schiff Beagle eben an dieser Stelle an Land ging, erblickte er (wie er später schrieb) gesunde Rebstöcke. James Busby (1802-1871), der schon den australischen Weinbau begründet hatte, legte nicht weit entfernt davon bei Waitangi einen Weingarten an. Er erzeugte erste nennenswerte Weinmengen und gilt als erster Produzent. Das Weinbaugebiet um Auckland wurde von Einwanderern aus Dalmatien geschaffen, auch heute noch sind kroatische Familien ein fester Bestandteil des neuseeländischen Weinbaus. Solche waren auch die Gründer der heute zu den größten neuseeländischen Weingütern zählenden Montana und Nobilo. Der ebenfalls aus Dalmatien stammende italienische Önologe Romeo Bragato (1858 -1914) stellte durch ausgedehnte Reisen die am besten für den Weinbau geeigneten Bereiche fest und wurde ein paar Jahre später zum staatlichen Weinbau-Direktor ernannt. In dieser Funktion gründete er ein Forschungs-Institut. Im Jahre 1876 wurde der echte Mehltau und im Jahre 1895 die Reblaus eingeschleppt. Besondere Verdienste im Kampf gegen das Insekt erwarb sich Romeo Bragato. Als Maßnahme wurden vor allem reblausresistente Hybriden angepflanzt, noch im Jahre 1960 war die häufigste Rebsorte die rote Isabella (hier Albany Surprise genannt). Von Ende des 19. Jahrhunderts bis 1919 gab es eine durch Volksabstimmung beschlossene Prohibition (Alkohol-Verbot), den Umschwung für die Abschaffung brachten heimkehrende Soldaten. Bis in die 1970er-Jahre war jedoch der Weinkonsum unter anderem in Zügen, Theatern und Flughäfen verboten. Bis zum Jahre 1960 gab es sehr skurrile Gesetze, so durften zum Beispiel nur Hotels Wein verkaufen und eine einzelne Person konnte maximal zwölf Flaschen erwerben. Es war üblich, Wein mit Wasser zu verdünnen, was erst im Jahre 1980 verboten wurde. Doch seitdem hat der neuseeländische Weinbau quantitativ, vor allem aber qualitativ sehr großen Aufschwung genommen.

TERROIR: Der fruchtbare Boden ist großteils vulkanischen Ursprungs. Es gibt ergiebige Niederschläge im Sommer und Herbst. Das Klima ist zwischen der wärmeren Nordinsel und der kälteren aber sonnigeren Südinsel recht unterschiedlich. Der Weinbau blieb bis 1973 auf North Island beschränkt. In South Island befinden sich in der Region Otago die südlichsten Weinberge der Welt. Neuseeland ist auf Grund der nahen Datumsgrenze auch das östlichste Weinbauland. Gewissenhafte Laubarbeit ist in Neuseeland Pflicht, um gesunde Trauben einzubringen. Auf sandigen, steinigen, armen, aber gut drainierenden Schwemmböden werden eher niedrige Erträge erreicht, aber durch warme Tage und kalte Nächte erhält man eine gute Ausgewogenheit und aromatische Intensität in den langsam ausreifenden Trauben. Gras, Spargel und grüne Bohnen, verbunden mit Zitrusfrüchten, Stachelbeeren, Mango und Maracuja sind typische Aromen für Sauvignons aus diesem Gebiet.

KLASSIFIKATION: Das Weinrecht lehnt sich an das australische Weinrecht an. Bei Rebsortenangabe auf dem Etikett müssen zumindest 75% dieser Sorte enthalten sein. Die Vorgaben für die Weinbereitung sind sehr liberal. Erlaubt sind Anreichern, Entsäuerung und Säuerung. Der Kellermeister genießt ein höheres Ansehen als der für den Weinberg zuständige. Es gibt keine Ertrags-Beschränkungen und künstliche Bewässerung ist uneingeschränkt zulässig. Ein Appellationssystem mit ursprungsgeschützten Gebieten wurde Mitte der 1990er-Jahre diskutiert, aber nicht realisiert. Im Jahre 1975 wurde die amtliche Organisation WINZ (The Wine Institut of New Zealand) gegründet, die aber in der Zwischenzeit in NZ Winegrowers umbenannt wurde. Diese übt einen enormen Einfluss auf die Qualität und das Image des neuseeländischen Weinbaus aus. Aller Weinbaubetriebe müssen ihr angehören. Die vier alles beherrschenden Betriebe mit rund 90% der Produktion sind Corbans, Montana, Nobilo und Villa Maria.

ANBAUGEBIETE: Die Weinbaugebiete erstrecken sich in einer Länge von rund 1.200 Kilometern von Norden nach Süden über die zwei Inseln. Die hierarchische Gliederung ist Country (Neuseeland), Zone (North Island, South Island, East Coast), Region und Sub-Region. Die Regionen in dieser Reihenfolge:
North Island mit Hauptstadt Wellington:

  • Northland
  • Auckland mit 504 ha (inkl. Northland)
  • Bay of Planty mit 150 ha
  • Gisborne mit 1.913 ha
  • Hawke´s Bay mit 4.346 ha  
  • Wairarapa mit 777 ha

South Island mit Hauptort Christchurch:

  • Nelson mit 695 ha
  • Marlborough mit 11.488 ha
  • Canterbury mit 925 ha
  • Central Otago mit 1.253 ha

Die Teilung Neuseelands in eine Süd- und eine Nordinsel ergibt somit eine natürliche Aufteilung der Anbaugebiete. Auf der Nordinsel sind vor allem Hawkes Bay, Gisborne, Wairapara mit Martinsborough und Matakana (ein Unterbereich von Auckland) erwähnenswert. Hawkes Bay ist einer der wenigen Regionen für neuseeländischen Wein, wo die Bordeaux-Rebsorten Cabernet Sauvignon und Merlot voll ausreifen, selbst Syrah wird hier richtig gut. Aus Wairapara kommen neuseeländische Pinot Noir von hoher Qualität, auch Chardonnay und Sauvignon Blanc gefallen. Auch in Gisborne fühlt sich der Chardonnay wohl. Auf der Südinsel befindet sich dann Neuseelands berühmteste Region: Marlborough, die auch gleichzeitig die größte des neuseeländischen Weins ist. Von hier stammen einige der besten Weißweine der Welt, die aus Sauvignon Blanc, Chardonnay oder auch Riesling gekeltert sind. Auch der Pinot Noir wird besser und besser. Central Otago und Nelson sind Heimat von kleinen Boutique-Weingütern sind, die mehr und mehr auf sich aufmerksam machen, auch in Waipara und Canterbury findet man guten Wein.

PRODUKTION: Im Jahre 2006 betrug die Gesamtrebfläche 22.616 Hektar, von denen 1,3 Millionen Hektoliter Wein produziert wurden. Neuseeland ist zwar immer noch ein relativ kleines, aber schnell wachsendes Weinbauland. Im Jahre 1997 gab es nur 7.416 Hektar Rebfläche, innerhalb von nur zehn Jahren ist also der Bestand auf das Dreifache gestiegen. Allerdings wird in Neuseeland auch nur wenig Wein produziert: 500.000 Hektoliter pro Jahr (rund 75 Millionen Flaschen). Penfolds, Australiens größte Kellerei, produziert dreimal so viel Wein wie alle neuseeländischen Weingüter und Kellerbetriebe zusammen. Gallo, die größte Kellerei der Welt aus Kalifornien, füllt in einem Monat so viel Wein ab, wie Neuseeland in einem Jahr hervorbringt. Und 80 Prozent ihres Weins trinken die Neuseeländer selbst. Erwähnenswert ist die Rolle Neuseelands als Vorreiter für den Einsatz von Drehverschluss schon ab den 1980er-Jahren. 2001 gründeten ein paar Kellermeister die „Screwcape Initiative”. Und 2005 wurden bereits zwei von drei neuseeländischen Flaschen mit Drehverschluss abgefüllt.

REBSORTEN: Zu rund 70% werden Weißweine erzeugt. Die besten sind die Sauvignon Blancs von Marlborough, die den Ruhm Neuseelands begründet haben. Marlborough am Nordostrand der Südinsel ist sowohl das Hauptweinanbaugebiet Neuseelands und zugleich das wichtigste für Sauvignon, von dem inzwischen mehr als 11.000 Hektar gepflanzt wurden.Ein Gutteil sind aber Massenweine, so genannte Bag-in-Box-Wines. Ab den 1960er-Jahren wurden europäische Sorten forciert, besonders der Müller-Thurgau machte anfangs Furore und war längere Zeit die häufigste Rebsorte. Heute rangiert die Sorte flächenmäßig am unteren Ende und dient vor allem für Massenweine.