Montalcino (Italien)

Montalcino liegt rund 40 Kilometer südlich von Siena in der gleichnamigen Provinz im Süden der Region Toskana. Sie liegt malerisch auf einem 560 Meter hohen Hügel mit den naheliegenden Flüssen Ombrone und Asso. Der Ort erstreckt sich über 243 qkm und zählt 5.100 Einwohner. Die Gemeinde gliedert sich in die Ortsteile Camigliano, Castelnuovo dell’Abate, Sant’Angelo in Colle, Sant’Angelo Scalo, Tavernelle und Torrenieri. Der (vermutlich von Etruskern gegründete) Ort liegt an der alten Frankenstraße. Die Herrschaft über Montalcino hatten sowohl Florenz als auch Siena. Die Senesen bauten die Fortezza (Festung) auf dem Berg.

TERROIR: Das Klima in Montalcino ist gemäßigt mediterran und trocken. Das Massiv des 1.738 Meter hohen Monte Amiata im Süden, der die Hügellandschaft überragt, schirmt das Gebiet weiträumig gegen Unwetter ab. Die Höhenlage der Gemeinde führt zu einem starken Gefälle zwischen Tages- und Nachttemperaturen, was für die Ausprägung aromatischer Finesse förderlich ist. Die höheren Weinberglagen liefern beste Traubenqualität für elegante, duftige Weine. In schwierigen Jahrgängen allerdings hat die dünnschalige Sangiovese-Sorte hier Probleme und leidet unter Fäulnisbefall. Im Nordwesten des Ortes in Castelnuovo dell´Abbate ist es etwas wärmer, weshalb hier die dichteren, mineralischeren Weine entstehen. Auch die Böden zeigen große Vielfalt. Während am Fuß der Bergkuppe tonhaltiger Kalkstein mit steinig-lehmigen Böden abwechselt, nimmt in höheren Lagen der Sandanteil zu. Nahe der Monte Amiata sind Tuffsteineinlagerungen vulkanischen Ursprungs anzutreffen. Früher mischte man den Wein aus unterschiedlichen Terroirs, um Nachteile zu kompensieren. Heute versuchen Spitzenweingüter Einzellagen zu vinifizieren. 

GESCHICHTE: Der Wein aus der Gemeinde Montalcino, der Brunello di Montalcino, genießt den Ruf, einer der teuersten Weine Italiens zu sein. Er ist vergleichsweise jung (gerade einmal knapp über 100 Jahre alt). Ende des 14. Jahrhunderts erscheint in Dokumenten aus Montalcino erstmal die Bezeichnung „Brunello“, wobei zu erwähnen ist, dass der Weinanbau hier auf die Etrusker bzw. die Römer zurückgeht. Es bleibt allerdings bis heute unklar, welche Art von Wein gemeint war. Ein Wein auf der Basis der Sangiovese-Traube, damals noch Vermiglio genannt, ist nicht vor dem 18. Jahrhundert verbürgt. Und den Brunello in seiner heutigen Form gibt es erst seit Ende des 19. Jahrhunderts. Die Idee zu diesem Wein hatte Feruccio Biondi Santi, der sich mit dem damals auch in Montalcino hergestellten Chianti nicht zufrieden geben wollte. Er versuchte auf seinem Gut Il Greppo von den besten Rebstöcken einen Klon, eine spezielle Unterart der Sangiovese zu isolieren, d.h. einen neuen, eigenständigen Wein zu kreieren. Das Ergebnis im Jahre 1888 war ein außerordentlich langlebiger, muskulöser Wein. Danach hatte die Familie Biondi-Santi über Jahre hinweg ein Monopol auf den Brunello. Zwar bildete sich 1933 eine Genossenschaft in Montalcino, aber erst Ende der 1950er, Anfang der 1960er verbreitete sich der heute so berühmte Wein. Noch 1970 besaß Montalcino nur 65 ha spezialisierter Rebkulturen und es gab elf abfüllende Betriebe. Später wurde die Herstellung des Brunello di Montalcino Gemeingut in Montalcino, wodurch es vielen kleinen wie auch großen Betrieben ermöglicht wurde, diesen Wein zu keltern. Grundlage des Prestiges des Brunello war sicherlich auch seine Seltenheit.

KLASSIFIKATION: 1966 gehörte der Brunello zu den acht ersten Gebieten, die den Status einer DOC erhielten; bereits am 01.07.1980 wurde dem Brunello di Montalcino das höchste Gütesiegel des italienischen Weingesetzes, die DOCG, zuerkannt. Heute umfassen die Weinberge Montalcinos insgesamt 3.500 Hektar Rebfläche. Hier werden der DOCG-Rotwein Brunello di Montalcino/Riserva (2.021 ha), sowie die DOC-Weine Moscadello di Montalcino, DOC-Rosso di Montalcino und Sant´Antimo (1.500 ha) produziert.
Die Arbeit im Weinberg, im Keller, an der Abfüllanlage, die Wahl der Rebsorte und das Flaschenetikett unterliegen dem Konsortium/Diziplinar der Denominazione di Origine Controllata/e Garantita (DOC und DOCG, heute IGP und DOP). Sie ist in Italien die kontrollierte und garantierte Ursprungsbezeichnung für Weine, die höchsten Qualitätsansprüchen genügen müssen. Diese Weine erhalten ein staatliches Garantiesiegel.

PRODUKTION: 251 Winzer besitzen Brunello-Weinberge, 220 Betriebe füllen Brunello ab und 2500 Familien arbeiten heute auf Brunello-Weingütern. Jährlich werden ca. sieben Millionen Flaschen produziert mit einem Umsatz von über 130 Millionen Euro. Hinzu kommen drei Millionen Flaschen Rosso di Montalcino sowie eine Million Flaschen der neu geschaffenen Kategorie Sant' Antimo. In letztere Kategorie fallen Weine mit gebietsfremden Rebsorten und dort soll der Weg für neue, moderne Weine geschaffen werden. Die Weine Montalcinos werden zu 62% exportiert, nur 38% werden auf dem italienischen Markt verkauft. Größter Importeur sind die USA (25%), Deutschland (10%), Schweiz (7%), Kanada (5%), Großbritanien (3%) und Japan (3%).

REBSORTEN: Der Brunello di Montalcino, der Brunello di Montalcino Riserva und der Rosso di Montalcino dürfen nur aus einer einzigen Rebsorte, nämlich aus Sangiovese Grosso, einem lokalen Klon der Sangiovese, erzeugt werden. Andere Rebsorten sind in Montalcino ausschließlich für den Sant´Antimo zugelassen (Cabernet Sauvignon, Merlot).

PRODUKTIONSVORSCHRIFTEN: Die Weine müssen einen Mindestalkohol von 12,5% Vol. aufweisen und es dürfen ausschließlich 8.000 kg/ha geerntet werden. DOCG-Weine müssen im Anbaugebiet auf Flaschen gezogen werden, sie dürfen also nicht in Tanks anderswohin transportiert und dort abgefüllt werden. Die Flaschen tragen eine Banderole am Hals.
Vormals erwiesen sich die Produktionsvorschriften für den Brunello als zu unflexibel. Die Winzer waren gezwungen, ihren Brunello wenigstens vier Jahre, Riserva-Qualitäten ein Jahr länger im Holzfass zu lagern und durften erst im Januar des fünften Jahres nach der Ernte verkauft werden. Was die konzentrierten Weine früherer Jahre noch problemlos verkraftet hatten, erwiesen sich bei höheren Erträgen aus früher gelesenen und entrappten Trauben mit einer kürzeren Maischestandzeiten als verheerend. Ausgezehrte Weine waren die Folge, denen allenfalls die Zugabe von Jungwein etwas Fruchtigkeit und Frische verlieh. Ab den 1990er Jahren wurden deshalb die Vorschriften angepasst.

Heute ist der Brunello ab dem 1. Januar des fünften auf die Ernte folgenden Jahres für den offiziellen Handel freigegeben, er muss mindestens zwei Jahre in Eichenfässern (Barrique-Fässer sind erlaubt) ausgebaut sein und mindestens vier Monate Flaschenreife haben. Für die Riserva gibt es die Handelsfreigabe ab dem 1. Januar des sechsten auf die Ernte folgenden Jahres, er muss ebenfalls mindestens zwei Jahre im Eichenfass ausgebaut sein, aber mindestens sechs Monate Flaschenreife aufweisen. Dann entsteht daraus ein voller, körperreicher, hocharomatischer Rotwein.
Darüber hinaus wurde die Möglichkeit geschaffen, aus Brunello-Trauben den einfacheren Zweitwein Rosso di Montalcino zu keltern. Für gewöhnlich mit Trauben von jüngeren Rebstöcken, kühleren Lagen oder nicht ganz optimaler Jahrgänge wie 1992 und 2002. Der Wein muss nicht lange lagern, ist ab dem 1. September des auf die Ernte folgenden Jahres freigegeben. Viele Winzer behandeln jedoch auch diesen Rosso mit großer Sorgfalt und so ist das Interesse in den letzten Jahren an diesem Wein gestiegen. Durchschnittlich wird etwa die Hälfte der Produktion unter diesem Namen abgefüllt. Diese duftige und leichtere Variante ist auch wesentlich billiger, was bei den derzeitigen Preisen für einen guten Brunello ein zugkräftiges Argument ist.

JAHRGÄNGE: Diese Vorgehensweise festigt die herausragende Stellung und Qualität des Brunellos im internationalen Weinmarkt. Zur Gründerzeit dieses Weins kamen allerdings nur allerbeste Jahrgänge auf die Flasche. So wurden beispielsweise bis zum Zweiten Weltkrieg nur die Jahrgänge 1888, 1891, 1925 und 1945 abgefüllt. Die besten Jahrgänge seit 1945 lauten: 1945, 1955, 1961, 1964, 1970, 1975, 1985, 1988, 1990, 1995, 1997, 2004 und 2006. Seit 1991 wird die Jahrgangsqualität der Weine auf Fliesen, von regionalen Künstlern kreiert,  am Rathaus von Montalcino dokumentiert.

AROMATIK: Typisch für einen Brunello di Montalcino ist ein intensives Rubinrot, das in der Alterung ins Granatrote tendiert. Der Duft ist intensiv, elegant und erinnert an Waldbeeren, Herbstlaub, Veilchen, Iris und Eichenfassnoten (Vanille). Am Gaumen schmeckt der Wein herb, warm, tanninbetont, aber harmonisch und zeigt im Finale eine große Länge. Der Alkoholgehalt beträgt mindestens 12,5% Vol. und die die Säure ist hoch und verleiht frische. Gute Brunello aus guten Jahrgängen besitzen ein hohes Alterungspotential zwischen 10 bis 20 Jahren. Die Trinktemperatur ist ideal zwischen 16 bis 18° C.

ANBAUFLÄCHE: In den letzten 40 bis 50 Jahren wuchs die Anbaufläche von 100 auf 2.021 ha und die Zahl der Weinproduzenten ist auf 220 hochgeschnellt. Das Anbaugebiet hat somit ein Problem der Produktionsmenge und der Qualität. Sieben Millionen Flaschen sind abzusetzen bei eher rückläufigem Kaufverhalten der Konsumenten, gerade im hoch-Preis-Segment. Die preisgünstigen Weine anderer Anbaugebiete bei steigender Qualität der Weine machen ebenfalls zu schaffen.

BRUNELLO-SKANDAL: Das italienische Magazin "l'espresso" hat am 4. April 2008 vorab über Ergebnisse des italienischen Landwirtschaftsministeriums berichtet, wonach über 100.000 Flaschen gepanschten Brunello-Weines des Jahrgangs 2003 beschlagnahmt wurden. Einige Winzer sollen entgegen den DOCG Vorschriften den Brunello di Montalcino nicht ausschließlich aus örtlichen Sangiovese-Trauben hergestellt, sondern ihn mit Merlot und Cabernet Sauvignon aus Süditalien verschnitten haben. Dies sollte den Wein dunkler, zugänglicher und lieblicher gestalten, da Kunden auf dem Absatzmarkt USA dies bevorzugten. Betroffen sind 13 Kellereien der Region. Die Polizei beschlagnahmte 600.000 Flaschen des Erzeugers Castello Banfi und weitere bei Frescobaldi und Argiano. Antinori hat seinen Jahrgang 2003 selbst vor der Auslieferung gesperrt. Am 28. Oktober 2008 hat sich nach langen Diskussionen eine eindeutige Mehrheit (96%) der Brunello-Produzenten gegen eine Änderung der DOCG-Vorschriften des Brunello di Montalcino entschieden: Er wird auch in Zukunft wie schon seit über 100 Jahren ausschließlich mit Sangiovese-Trauben hergestellt.