Edelfäule

Die Edelfäule liegt dem Gros der wirklich überragenden Süßweine zugrunde, zu denen Sauternes, Tokaji sowie die deutschen und österreichischen Beerenauslesen und Trockenbeerenauslesen zählen. Für Edelfäule ist der Pilz Botrytis cinerea verantwortlich. Es handelt sich um denselben Pilz, der auch die Graufäule verursacht, doch kann sich unter bestimmten Umständen stattdessen Edelfäule bilden. Zunächst müssen die Trauben voll ausgereift sein, bevor die Fäulnis ansetzt. Zweitens müssen die Trauben in einer Region wachsen, in der auf nebelige, feuchte Morgen sonnige, trockene Nachmittage folgen. Durch die morgendliche Feuchtigkeit setzt die Fäule an den Trauben an. Der Pilz durchbohrt die Beerenhaut mit mikroskopisch feinen Fäden. Der warme, sonnige Nachmittag verlangsamt die Ausbreitung der Fäule und lässt durch die perforierte Schale Wasser verdunsten, was Säuren, Aromen und Zucker konzentriert. Außerdem erzeugt der Pilz seine eigene unverwechselbaren Aromen in den Trauben. Aus edelfaulen Beeren bereitette Weine weisen markante Aromen von Honig, Aprikosen, Zitrusschale und Trockenfrüchten auf.

Die Ausbreitung von Edelfäule geschieht nie gleichmäßig, weshalb mehrere Lesedurchgänge von Hand erforderlich sind, um die besten Trauben zu ernten. Der Aufwand ist beträchtlich, da erfahrene Erntehelfer für längere Zeit benötigt werden. Zudem treten in einigen Regionen, die für diesen Weinstil berühmt sind (etwa Sauternes), die Idealbedingungen nicht jedes Jahr auf. Ist es zu nass, breitet sich der Pilz allzu rasant aus und verursacht Graufäule: Die Beeren brechen auf, Infektionen können die Folge sein. Auch wenn Botrytis cinerea sowohl Edelfäule als auch Graufäule verursacht, dient der Begriff Botrytis oft als Synonym für Edelfäule, weshalb man auch von botrytisierten Weinen spricht.