Brasilien
Die Kolonialisierung des riesigen Landes in Südamerika begann Mitte des 16. Jahrhunderts durch die Portugiesen, die 1532 in der Region Sao Paulo die ersten Reben pflanzten. Im Jahre 1626 kamen die Jesuiten und bauten spanische Reben in Grande do Sul an. Doch nach der Zerstörung der Jesuiten-Missionen wurde der Weinbau wieder aufgegeben. Der Önologe Auguste de St. Hilaire hatte bereits 1800 darauf hingewiesen, dass europäische Rebsorten am besten im Süden an der uruguayischen Grenze angepflanzt werden sollten, das wurde aber fast 200 Jahre lang ignoriert. Um 1840 wurde die Hybridrebe Isabella an der Südküste der Region Rio Grande eingeführt. Diese erbrachte zwar nur einfache Weine, vertrug aber das Klima. Eine bedeutsame Weinbau-Entwicklung gab erst wieder ab dem Jahre 1875 durch italienische Einwanderer aus Venetien und der Lombardei. Später folgten dann auch deutsche Einwanderer. Diese brachten ihre heimischen Reben wie Trebbiano und Riesling mit. Wegen des schwierigen Klimas hat man mit vielen Rebsorten experimentiert. Aber erst nach dem Ersten Weltkrieg haben sich langsam die Vinifera-Sorten durchgesetzt. Große internationale Unternehmen setzten in den 1960er- und 1970er-Jahren neue Initiativen, vor allem waren dies Bacardi-Martini, Cinzano, Heublein, Martini & Rossi, Moët et Chandon (mit Weingut Chandon Brazil), Domecq und Seagram.
Das Klima ist aufgrund der Größe des Landes unterschiedlich, in vielen Weinanbauregionen ist es subtropisch und tropisch, d.h. große Hitze, hohe Luftfeuchtigkeit und heftige Regenfälle (auch zur Erntezeit) sind normal. Bemerkenswert ist, dass in den Gebieten nahe dem Äquator jährlich zwei Traubenernten möglich sind. In zwei Jahren kann es sogar bis zu fünf geben. Diese sind dann aber von minderer Qualität. Zudem besitzt Brasilien eine große Rebenvielfalt mit etwa 90 Sorten. Auf Grund des Klimas besteht die Gefahr von Pilzkrankheiten. Deshalb werden die diesbezüglich resistenten Rebsorten der Spezies Vitis labrusca (eine amerikanische Wildrebe) wie Concord, Delaware, Dutchess, Isabella, Ives Noir (Bordo), Niagara und verschiedene Hybriden auf Basis Seibel angebaut. Trotzdem müssen in relativ großem Umfang Fungizide eingesetzt werden. Die wichtigsten europäischen Sorten sind Barbera, Cabernet Franc, Cabernet Sauvignon, Trebbiano, Chardonnay, Gewürztraminer, Merlot, Muskateller-Sorten, Sémillon, Shiraz und Welschriesling. Die Weinlese muss aus den erwähnten klimatischen Gründen relativ früh erfolgen. Deshalb ergeben die Trauben säurereiche, aber etwas körperarme Weine. Die etwas derben, alkoholreichen Rot- und Weißweine vor allem aus Vitis labrusca und Hybriden sind vor allem für den Inlandsmarkt bestimmt. Rotweine werden oft süß ausgebaut. Von den europäischen Sorten werden zu 70% Weißweine produziert.
Weinbau wird heute hauptsächlich in den gemäßigteren, äquatorferneren Zonen betrieben. Das größte Gebiet mit rund 70% der Rebfläche ist der Bundesstaat Rio Grande do Sul im Hügelland um die zwei Städte Bento Gonçalves und Garribaldi. Vor allem sind dies die Gebiete Serra Gaúcha und Frontera. Die Anbauregion Serra Gaúcha liegt im äußersten Süden des Landes, nördlich von Porto Alegre. Die Weinberge im Küstengebirge sind auf bis zu 750 m Höhe gelegen. Das Klima ist gemäßigt subtropisch mit durchschnittlicher Temperatur von 23º C und wenig Regen im Sommer. Hier wachsen angenehm würzige und ausdrucksstarke Trauben heran. Insgesamt haben sich im Süden nahe der Grenze zu Uruguay große Firmen mit moderner Kellertechnik angesiedelt. Die größte brasilianische Kellerei ist hier die 1974 bei Palomas gegründete Cooperativa Vinicola Aurora mit 60 Millionen Flaschen jährlich, die die Trauben von rund 1.500 Produzenten verarbeitet. Der Betrieb wurde 1989 von Seagram gekauft. Weitere Anbaugebiete sind Minas Gerais, Parana, Pernambuco, São Paulo, Santa Caterina und Sao Francisco. Hier werden zum Großteil Vitis labrusca und Hybriden kultiviert. Neuere Weinberge werden auf gut drainierten Böden der flacheren Region der Fonterra, die an Uruguay und Argentinien grenzt, gepflanzt. Die scheint die Region mit dem größten Potenzial für Qualitätsweine zu sein.
Seit Anfang 2007 gibt es das ursprungskontrollierte und von der EU anerkannte DO-Gebiet Vale dos Vinhedos im Süden der Region Rio Grande do Sul. Dieses wurde ab 1875 durch die Einwanderer aus Italien und Deutschland für den Weinbau kultiviert. Es gibt über 30 Betriebe, alle Trauben müssen Vitis vinifera sein. Im Jahre 2007 umfasste die Rebfläche 86.200 Hektar, von mehr als der Hälfte davon werden Tafeltrauben vor allem aus Isabella und Pirovano erzeugt. In diesem Jahr wurden 3,5 Millionen Hektoliter Wein produziert. Der inländische Pro-Kopf-Verbrauch ist sehr gering.